Lektorat & Testleser – Feedback von außen

Lektorat & Testleser – Feedback von außen

Alle Ideen sind verpackt, der Feinschliff ist verpasst, der Rohentwurf steht. Nun kann es losgehen mit dem Roman … denkste! Denn vor der Veröffentlichung gibt es noch einige Hürden zu bewältigen. Schließlich würde dich doch schon interessieren, wie dein Roman eigentlich da draußen ankommt, oder?

Schon so viel geschafft: Recherche, Figurenentwicklung, Planung von Handung, Plot und Szenen, Überarbeitung. Und noch immer nicht am Ziel. Oder doch: ein Teilziel ist geschafft. Du hast einen Roman! Einen richtigen, echten, vollständigen Roman! Deinen Roman!!! Das ist doch schonmal was. Dabei könntest du es belassen und stolz auf dich sein. Oder du bringst ihn in die Welt und zeigst ihn anderen.

Lektorat – ja oder nein?

Du hast ja bereits selbst eine Überarbeitung gemacht. Das heißt, die Grundqualität deines Romans sollte schon recht hoch sein. Nun gibt es da draußen viele Anbieter professioneller Lektorate. Die können von einer inhaltlichen bis hin zu einer vollständigen stilistisch-formalen Prüfung reichen. Natürlich wird ein Lektorat deinen Text immer verbessern. Aber es ist letzten Endes auch eine Geldfrage: Lektorate werden nämlich pro Normseite bezahlt.

Ich habe bei „Schlaflose Nächte“ ein Lektorat meines Exposés und der Leseprobe machen lassen, bei der Textmanufaktur für 200-300 Euro. Bei „Neo“, meinem aktuellen Roman, skippe ich das Lektorat, weil ich ein besseres Bauchgefühl von meinem Text habe. Ob das klug ist, weiß ich nicht. Aber für mich ist es wirklich eine Ermessensfrage.

Testleser:innen gewinnen

Was ich hingegen niemals auslassen würde, ist das Testlesen. Dafür suchst du dir potentielle Leser:innen, die deinen Roman vorab bekommen und ihren Leseeindruck mit dir teilen.

Welche Testleser:innen?

Wen du fürs Testlesen anfragst, ist erstmal dir überlassen. Ich kann dir aber ein paar Tipps aus eigener Erfahrung geben (die aber total subjektiv sind):

  • Wähle jemanden, der dein Genre sonst auch liest. Ich könnte z. B. nie einen Thriller testlesen, weil mir das Genre einfach null gefällt.
  • Wenn möglich, wähle jemanden, der sich mit dem Schreiben etwas auskennt. Textafine Menschen achten auf andere Sachen als Otto-Normal-Leser:innen.
  • Wenn du ein sensibles Thema hast, kann es nicht schaden, jemanden zu fragen, der mit dem Thema Erfahrung hat. Er/Sie kann besser einschätzen, ob du das Thema authentisch und plausibel beschreibst.
  • Ich bin immer vorsichtig mit Freunden/Familienmitgliedern. Warum? Sie sind voreingenommen, weil sie mich mögen und nicht verletzen wollen. Und sie lesen mein Buch anders, weil sie mich kennen und (unbewusst oder bewusst) Parallelen suchen.
  • Trotzdem ziehe ich vollkommen Unbekannten immer Testleser:innen vor, denen ich vertraue und die ich kenne. Ich muss schon wissen, dass es zwischen uns harmoniert und ich ihr Feedback in den richtigen Hals bekomme.
Wie viele Testleser:innen?

Auch Geschmacksache. Sind es zu viele, verrennst du dich in deren Feedback. Sind es zu wenige, bekommst du kein gutes Erfahrungsbild. Über den Daumen gepeilt würde ich sagen zwischen 2 und 5. Drei ist meine persönliche magische Zahl. Und dann drei verschiedene aus den o. g. Kategorien.

Was sollen sie prüfen?

Du solltest dir vorher überlegen, was du überhaupt von deinen Testleser:innen wissen möchtest. Vielleicht hast du Kernfragen, die dir auf der Seele brennen? Oder du möchtest jeden um etwas anderes bitten. Für mich steht immer der Leseeindruck ganz allgemein im Vordergrund. Zum Beispiel sowas:

  1. Ist die Handlung spannend oder (stellenweise/gänzlich) monoton und langweilig?
  2. Ist die Hauptfigur sympathisch oder fühlst du gar nicht mit ihr mit?
  3. Erscheint dir irgendwas abwegig oder unlogisch?
  4. Erfüllt der Roman alles, was du dir von einem guten Roman erhoffst, oder fehlt dir etwas?
  5. Störst du dich an irgendwelchen Details (z. B. zu viel/wenig Umgebungsbeschreibungen, schlechte Dialoge, konfuse Perspektivwechsel, schräge Eigenheiten der Haupt-/Nebenfiguren)
Bis wann?

Gib deinen Testleser:innnen am besten auch eine grobe oder genaue Zeitangabe, bis wann du ihr Feedback zurückbrauchst. Erstens können sie dann selbst besser einschätzen, ob sie dafür überhaupt Zeit haben. Zweitens kommt ihnen sonst der Alltag dazwischen und du wartest ewig. Bei „Schlaflose Nächte“ habe ich keinen Zeitraum genannt, und ein Testleser hat das Ding immernoch neben dem Kopfkissen (oder inzwischen wahrscheinlich unterm Bett) liegen.

Danke sagen!

Testlesen ist meistens (wenn du es nicht professionell beauftragst) ein Freundschaftsdienst. Das heißt, jemand Nettes nimmt sich Zeit für dich und dein Buch, schafft Platz im Terminkalender und widmet sich dir und deinem Projekt. Das ist nicht selbstverständlich, sondern Mega-Super-Spitzenklasse! Versteht sich also von selbst, dass man das in irgendeiner Form honoriert, sei es durch ein Eis bei der besten Eisdiele der Welt, eine Danke-Post auf Instagram, eine Packung Merci oder was auch immer. Nur das Dankesagen nicht vergessen 😉

Bei so einem Feedback zahlt sich die ganze Arbeit aus!

Witzige Outtakes aus meinem Testleser-Feedback

Beim Lektorat oder Testlesen lernt man unfassbar viel über sich selbst und seinen Schreibstil. Es ist schon verrückt, dass selbst nach dem 10.000sten Mal Lesen immernoch Fehler im Text stecken. Oder sich Fehler so eingebrannt haben, dass man gar nicht mehr weiß, dass es eigentlich anders richtig heißt. Oder die bekannten Schreibmacken, die man sich angewöhnt hat und die irgendwann den eigenen Stil ausmachen.

Hier einmal die witzigsten Outtakes aus meiner Testlesen-Runde von „Neo“. Wenn du magst, schau doch mal, ob du die Fehler findest:

  • „Monia hieft Babyschale, Wickelrucksack, Lieblingsschmusetier und sich selbst über Filis Türschwelle.“

Schreib ich tatsächlich mehrmals falsch, wird eigentlich so geschrieben: „hieven“ statt „hiefen“ *na gut*

  • „Ach Mäuschen. Ich komme doch jeden Tag zu euch zurück.“

Nach Ausrufen wie „Ach“, „Oh“, „Ja“, „Na“ kommt scheinbar immer ein Komma: „Ach, Mäuschen.“

  • „Sag Bescheid, wenn du soweit bist.“

Das ist schon tricky: „Soweit“ wird zusammengeschrieben, wenn es eine Konjunktion ist und man’s z. B. durch „in dem Maße wie“ oder „nachdem, was“ ersetzen kann: „Soweit ich weiß, sind Äpfel gesund.“ Wird es nicht als Konjunktion gebraucht, schreibt man es getrennt: „Sag Bescheid, wenn du so weit bist.“ Ich hab’s einfach immer resolut zuammengeschrieben.

  • „Es zerrt an meinen Kräften“

Ach, was für ein schönes Bild: Ein böses Männchen zerrt an einer Figur herum, bis sie kraftlos am Boden liegt. So stark! Aber leider falsch. Es heißt: „Es zehrt an meinen Kräften.“

  • „Lass uns im Wochenende darüber sprechen, Schatz!“

Das ist ein Fehler, der zu einem Mieth-me-Stilmittel geworden ist. Bei mir passiert immer alles „im“ Wochenende. Weiß nicht, woher das kommt. Vielleicht, weil das Wochenende länger als ein Tag ist? Ich habe mich aber überzeugen lassen, dass es „am Wochenende“ heißt, so wie auch „am Montag, Dienstag oder Mittwoch“.

 

Na dann, trau dich und gib dein Romanbaby in fremde Hände! Ich bin mir sicher, es wird dort fürsorglich gehegt und gepflegt. Ihm geht’s dort bestimmt gut, und es kehrt unbeschadet zu dir zurück! Viel Glück!

 

 

 

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