Nachdem ich die ersten beiden Punkte meines Roman-Fahrplans abgehakt habe – Recherche und Figuren -, kommt jetzt ein echt harter Brocken: Die Handlung. Was soll überhaupt in meinem Roman passieren? Und wie halte ich bis zum Schluss die Spannung?
Was bisher geschah
In meinem ersten Roman Schlaflose Nächte habe ich die Handlung nicht groß geplant. Ich hatte schon ein paar Texte, die in den Roman einfließen sollten, und eine grobe Idee. Ich hielt mich vage an die 3-Akt-Struktur mit Einleitung, Hauptteil Auflösung. Und der Rest ergab sich.
Doch wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, brach mir genau diese Naivität das Genick. Denn was haben die Agenturen gesagt? „Schreiben kannst du. Aber die Story …“ Ja, ja. Hätte ich mal mehr Zeit in die Story investiert.
Kleines Lexikon der Handlungswelt
Kurz vorab: Es gibt ein paar Begriffe, die wir auseinander halten müssen. Ich war selbst lange nicht sicher, was was ist:
- Handlung: Bücher erzählen Geschichten. Diese Geschichten bilden die Handlung. Die Handlung ist das, was beim Leser ankommt.
- Plot: Der Plot ist das Grundgerüst der Handlung, der Aufbau und Ablauf der Geschichte (inkl. Personen, Orte, Ereignisse).
- Story: Story ist alles, was passiert, in chronologischer Reihenfolge. Die Story könnte z. B. sein, was alles an einem Tag passiert. Der Plot kann dann aber zwischen verschiedenen Zeitpunkten am Tag (oder vergangenen Tagen) und Personen hin- und herswitchen.
- Kapitel: Kapitel und Szenen unterteilen die Handlung. Kapitel sind dabei größere Sinneseinheiten. Sie bestehen aus verschiedenen Szenen.
- Szene: Eine Szene ist räumlich und zeitlich geschlossen. Sie beschreibt z. B. einen Dialog, ein Abendessen, einen Streit, eine Verfolgungsjagd – ohne zeitliche Sprünge oder Ortswechel.
Wie geht das nun mit der Planung?
Das ist ein weites Feld, würde Fontane jetzt sagen. Bevor ich jetzt wiederhole, was eine Millionen Ratgeber viel besser erklären, möchte ich viel lieber erzählen, wie ich es angegangen bin. Als Inspiration vielleicht.
Ich habe schon bei der Textmanufaktur die Plotting-Methode der Heldenreise gelernt. Wenn du gern Hollywood-Romanzen schaust (so wie ich), achte das nächste Mal drauf, wie die Handlung aufgebaut ist. Welche Ups und Downs gibt es, bevor sich alles auflöst? Durch welche Hürden müssen die Hauptfiguren durch? Das ist die Heldenreise. Das Handlungsgerüst ist immer gleich, egal welcher Film. Nur die Ereignisse wechseln.
So, ich habe mir nun also die Heldenreise genommen und versucht, jede Station zu belegen. Du musst nicht unbedingt jedes Element der Heldenreise verwenden, wenn es absolut nicht passt. Über manche Stationen musste ich eine Weile nachdenken: Wer sollte mein Mentor sein, der Anker für meine Heldin? Wie kommt sie aus ihrem Dilemma wieder heraus? Das Grübeln führte mich aber Stück für Stück zu meiner Geschichte.
Es gibt auch andere Plotting-Methoden als die Heldenreise, zu denen ich aber leider keine Erfahrungsberichte liefern kann. Ich fand mich immer in der Heldenreise am besten zurecht. Ist aber Geschmackssache.
Kapitel vs. Szenen
Wenn der Plot steht, kannst du dich daran machen, die nächst kleineren Sinneseinheiten zu planen. Viele planen in Kapiteln, nach denen sie auch ihr Buch schreiben. Ich schrieb Schlaflose Nächte auch in Kapiteln. Jetzt habe ich in Szenen geplant. Ich wollte tatsächlich jede einzelne Szene planen, aber nun schreibe ich seit einiger Zeit an dem Roman und stelle immer wieder fest, dass ein vollständiger Szenenplan im Vornherein für mich gar nicht möglich ist. Erst beim Schreiben kann ich wissen, welche Szenen im Plan fehlen oder welche ich gar nicht brauche. Anyways: Geschadet hat es auch nicht. Wenn ich mal mehrere Tage nicht schreiben kann, finde ich mich durch den Szenenplan immer wieder dorthin zurück, wo ich stehengeblieben bin.
Ich habe in meinem Szenenplan auch erfasst, was das Ziel und der Konflikt jeder Szene ist. Was will die Figur erreichen und was hindert sie daran? Auch die beteiligten Figuren, Orte und die Handlungszeit habe ich im Szenenplan notiert – das hilft mir, die Chronologie der Ereignisse im Blick zu behalten. Du kannst das noch beliebig ausbauen: Welche Art der Szene ist es (Action-Szene, beschreibende Szene, Dialog etc.), wie beginnt und endet sie (in media res, Zoom-in, Zoom-out, Cliffhanger etc.), palim palim … Alles sicherlich sinnvoll je nach Use Case. Darf aber auch nicht die eigene Kreativität einschränken. Man kann sich auch totplanen.
Da ich jetzt mit Papyrus Autor arbeite, habe ich den Szenenplan im Organisator erstellt, um alles in einem Tool zu haben und weil Papyrus automatisch einen Zeitstrahl anlegt, den ich ziemlich cool finde. Man kann aber auch gut in Excel planen, ich habe euch mal eine kleine Vorlage erstellt: Kapitel-Szenenplan zum Downloaden
Mini-Plotting
Nun kann man natürlich nicht für jede Kurzgeschichte einen riesigen Plan machen – bzw. kann man das schon, aber hat man vielleicht nicht immer Bock drauf. Daher habe ich zum Abschluss noch ein Tipp in petto, den ich in einem Schreibseminar von Oliver Uschmann gelernt habe:
H + Z + O = K
Hauptfigur + Ziel/Bedürfnis + Opposition = Konflikt
Diese Formel muss in jedem literarischen Text enthalten sein. Es muss immer eine Hauptfigur geben, die ein Ziel oder Bedürfnis verfolgt (zum Spannungsfeld Ziel vs. Bedürfnis schaut noch einmal in meinen Figuren-Beitrag). Dem Erreichen des Ziels steht irgendetwas entgegen (ein Antagonist oder anders geartetes Hindernis) und daraus entsteht ein Konflikt. Der kann entweder gelöst/ überwunden werden, der Held scheitert an dem Hindernis oder der Ausgang bleibt offen.
Ich gleiche wirklich jeden Kurztext mindestens mit dieser Formel ab.
Wenn die nicht aufgeht, ist irgendwas nicht rund in meiner Handlung.
Hallo Christiane,
ein interessanter Beitrag. Die Formel H+Z+O=K muss ich mir unbedingt merken. Die ist wirklich Gold wert.
Vielen Dank, dass du mich in deinem Artikel verlinkt hast. Das freut mich sehr.
Ganz liebe Grüße
Myna
Sehr gerne! Deine Erklärung des 3-Akts ist total super und on point. Lieben Gruß zurück, Christiane